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Während der Musikgeschichte hat sich der Ausdruck von Affekten mit der Zeit gewandelt. Bis hinein in die Barockzeit - so würde ich sagen - empfing sowohl der Hörende als auch der Spieler die Affekte vom Instrument. Später legte der Spieler seine Affekte in das Instrument und transportierte sie auf diese Weise zum Hörenden.
Interessanterweise sind nach meinen Erfahrungen Kinder bis zum Pubertätsalter sehr empfänglich für Alte Musik und finden sie durchaus magisch-faszinierend. Später, also mit Beginn der Pubertät merken sie, dass es schwer ist, über diese Musik sich selbst auszudrücken, bzw. fühlen sie sich durch die Musik fremdbestimmt. Sie formulieren diese Tatsache zwar nicht so, aber sie wenden sich dann z.B. lieber dem Empfindsamen Stil zu, den sie ganz toll finden.
Für mich besteht der Reiz der Affekte in der Alten Musik darin, dass sie sich auf jedermann zugängliche natürliche Erfahrungen stützen. Sie beziehen sich auf eine allgemeine Erfahrungs- und Gefühlswelt. Es gab vor 450 Jahren keine exakten (also logisch aufbauenden) Theorien der Wahrnehmung und Seelenzustände. Die Erkenntnisansätze waren heuristischer Natur, die Erklärungsansätze musste jeder für sich selbst leisten und aneignen.
Auf diese Art und Weise entstand auch eine starke affektive Bindung zwischen dem Musiker und der Musik, die er spielte. Sein Spiel war Schau- und Rollenspiel, er fragte nicht, was der Komponist (falls der überhaupt auszumachen war) von ihm wollte, sondern, wie er selbst mit den Affekten des Musikstücks umging. Er befand sich in der Situation eines Rollenträgers. Die Interaktion erfolgte über die vom Stück und vom Instrument transportierten Affekte.